Am 14. Juni 2024 haben die Justizminister:innen der 27 EU-Länder einstimmig ihre Unterstützung für den Einsatz von Hafthäusern bekundet. Sie taten dies, indem sie die Schlussfolgerungen des Rates zu kleinteiligen Haftanstalten verabschiedeten und damit alle Mitgliedstaaten aufforderten, wo dies angebracht ist, die Nutzung kleinteiliger Haftanstalten, einschließlich Hafthäusern, für Haftzwecke in Betracht zu ziehen. Die RESCALED-Bewegung, ein führender Befürworter des Einsatzes von Hafthäusern in Europa, begrüßt die Verabschiedung dieser Schlussfolgerungen des Rates, da sie einen bedeutenden Schritt in Richtung eines nachhaltigeren Justizsystems sowie einer grüneren, gerechteren und integrativeren Zukunft darstellt.
Was ist das RESCALED Movement?
Das RESCALED Movement ist eine europäische Bewegung, die sich für kleinere, lokalere und gemeindebasierte Hafthäuser anstatt klassischer Justizanstalten einsetzt. Viele der heutigen Justizanstalten Europas sind veraltet, denn sie wurden für einen anderen Zweck in einer anderen Zeit gebaut. Beim Bau neuer Justizanstalten wird die Vergangenheit oft wiederholt. Diese alten Justizanstalten oder neue Justizanstalten mit altem Design machen es häufig schwierig, die aktuelle europäische Strafvollzugspraxis umzusetzen. RESCALED ist davon überzeugt, dass es mit Hafthäusern einfacher sein wird, die Gesetze und Prinzipien der europäischen Strafvollzugssysteme in der Praxis anzuwenden. Bei einer kleinräumigen Struktur wird es für inhaftierte Personen einfacher, Vertrauen aufzubauen, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen, was eine Voraussetzung für das tägliche Leben im 21. Jahrhundert ist. Durch getrennte Strukturen werden inhaftierte Personen ihre Freiheitsstrafe auf dem angemessenen Sicherheitsniveau verbringen und die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, wodurch sie besser auf ihre Entlassung vorbereitet sind. Durch eine Struktur, die Integration in die Gemeinschaft fördert, können inhaftierte Personen in Verbindung mit dem Gemeinschaftsleben bleiben.
RESCALED besitzt bereits eine Anzahl an guten Beispielen von kleinräumigen, getrennten und gesellschafts-integrierten Hafthäusern in ganz Europa.
Am 11. Juni begrüßte die Generalversammlung von RESCALED außerdem zehn neue Mitglieder. Die Europäische Bewegung für Hafthäuser umfasst nun siebzehn europäische Länder – darunter auch Österreich, vertreten durch RICHTUNGSWECHSEL.
Wie arbeiten RICHTUNGSWECHSEL und RESCALED zusammen?
RICHTUNGSWECHSEL ist ein gemeinnütziger Verein, welcher in seiner Arbeit den europäischen Strafvollzug insbesondere durch Berufsbildung und Wissensaustausch für Justizvollzugsbeamt:innen (JVBs) unterstützt und sich für Personalthemen innerhalb der RESCALED Bewegung einsetzt.
JVBs stehen, zusammen mit Sozialarbeiter:innen, Psycholog:innen, Lehrkräften, Seelsorger:innen, und weiteren wichtigen Mitarbeiter:innen des Strafvollzugs, täglich in engstem Kontakt mit inhaftierten Personen und haben so die Möglichkeit, sie in ihren (Re-)Sozialisierungsbemühungen zu unterstützen. Es ist international belegt, dass durch die engagierte Unterstützung und professionellen Kontakt mit JVBs die Brücke zwischen inhaftierten Personen und der Gesellschaft verstärkt und damit die (Re-)Sozialisierung gefördert werden kann.
„Wenn Beamte ihre Autorität gut, legitim und sorgfältig einsetzen, verbessert sich jedes Ergebnis einer Justizanstalt:
reduzierte Suizidversuche, Konflikte, Gewaltvorfälle, politische Spannungen und sogar eine verbesserte Zukunft der Gefangenen.”
– Professorin Alison Liebling
Die essentiellen Aufgaben des Personals des Justizvollzugs werden jedoch in der Gesellschaft wenig anerkannt und die dazu führende Personalnot gepaart mit dem Problem der Überbelegung ist ein weiteres Hindernis für die erfolgreiche Bewältigung des Arbeitsauftrags. Diese Probleme zeigen sich in einer Personalkrise, in der sich viele Justizvollzugssysteme in Europa und weltweit befinden.
RICHTUNGSWECHSEL steht außerdem für soziale Verantwortung, indem der Verein sich durch Öffentlichkeitsarbeit und multidisziplinärer Zusammenarbeit für die (Re-)Sozialisierung von inhaftierten Personen im Strafvollzug einsetzt. Ihr Ziel ist es, ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein für die Bedeutung der (Re-)Sozialisierung und der wichtigen Arbeit der Mitarbeiter:innen des Justizvollzugs zu schaffen.